PKP Stellungnahme

Betrifft: Stellungnahme zu gesicherten Informationen im Bereich des Themenfelds der Psyche / Mittagssendung vom 4.11.2020 / Moderation Johanna Setzer

 

Liebes Puls 4 Team, liebe Journalistinnen und Journalisten,

 

 

2020 ist ein besonders herausforderndes Jahr für Österreich. Wir befinden uns gerade im zweiten Lockdown aufgrund der COVID-19-Pandemie, am 02.11.2020 hat zudem ein Terroranschlag im Herzen von Wien uns alle erschüttert. Wichtig ist in diesen Zeiten, jedem/jeder Betroffenen jene Unterstützung zu bieten, die individuell in der aktuellen Situation notwendig ist.

 

Daher ist eine gute und leicht verständliche Information zum Thema psychischer Gesundheit und psychischen Erkrankungen zentral. Die Österreicherinnen und Österreicher brauchen klare und richtige Informationen darüber, wo sie im Fall des Falles schnelle und fachlich qualitativ hochwertige Hilfe bekommen können.

 

In Österreich gibt es drei Berufsgruppen, die per Gesetz Menschen mit psychischen Erkrankungen (u.a. Depressionen, akute Belastungsreaktionen, posttraumatische Belastungsstörungen etc.) behandeln dürfen:

 

1.       FachärztInnen für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin (Studium Medizin und Facharztausbildung, siehe Verordnung der Ärztekammer (2006))

 

2.       Klinische PsychologInnen (Studium Psychologie und Fachausbildung Klinische Psychologie, siehe Psychologengesetz 2013 – Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz)

 

3.       PsychotherapeutInnen (mehrstufige, meist universitätsnahe Ausbildung, siehe Psychotherapeutengesetz 1990 - Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz)

 

Lebens- und SozialberaterInnen (kurz LSB) beraten und unterstützen mittels psychologischer Beratung gesunde Menschen und werden von der Wirtschaftskammer vertreten. Mit entsprechender Zusatzausbildung ist jene Berufsgruppe (ebenso wie SozialarbeiterInnen, RettungssanitäterInnen, etc.) berechtigt, Krisenintervention in Akutsituationen durchzuführen.
GesundheitspsychologInnen beraten und behandeln ebenfalls nicht-klinische Klienten und Klientinnen.
Diese Tätigkeitsverteilungen basieren auf den unterschiedlichen Gesetzesgrundlagen. Jede Berufsgruppe verpflichtet sich nach bestem Wissen und Gewissen zu arbeiten – aber im Rahmen der geltenden Gesetze.

 

Dieses breite und unterschiedliche Angebot führt in der öffentlichen Wahrnehmung und bei den Konsumenten und Konsumentinnen oft zu Missverständnissen, da die Wortwahl „psychologische Beratung“ für viele impliziert, jemand hätte etwa Psychologie studiert und kenne sich mit psychischen Erkrankungen aus. Klinische PsychologInnen werden beispielsweise oft mit PsychiaterInnen verwechselt. Es gilt, sich immer adäquat abzugrenzen.

 

Da bestimmt auch im Journalismus Qualitätssicherung als oberste Prämisse gilt, wenden wir uns an Sie: In der oben genannten Sendung dürfte für viele Personen der Eindruck entstanden sein, dass eine LSB über „Traumatisierung“ und „Depression“ eine Fachauskunft als Expertin gibt. Dies war aus den oben genannten Gründen und Gesetzesgrundlagen nicht die fachlich korrekte Wahl.

 

Leider mussten wir auch feststellen, dass in der Sendung vom 4.11. der Eindruck erweckt wurde, Kinder unter 10 Jahren könnten kaum von Gesprächen mit ihren Eltern über den Terroranschlag in Wien profitieren. Diese Informationen sind nicht „state of the art“, widersprechen fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen und verunsichern zudem viele Eltern. Verwiesen sei daher u.a. auf Publikationen des Vereins Möwe oder der Wiener Kinder- und Jugendhilfe.  

 

Gerade in Zeiten, die uns durch die Auswirkungen von Corona und möglichen zusätzlichen Belastungen besonders stark fordern, ist es von großer Relevanz, die Österreicherinnen und Österreicher über das wichtige und breit gefächerte Angebot in unserem Land, das sich über mehrere Berufsgruppen zieht, in seinen Facetten, Möglichkeiten aber auch Einschränkungen zu informieren. Wir möchten betonen, dass wir alle Berufsgruppen schätzen und uns die psychische Versorgung der Österreicherinnen und Österreicher in erster Linie am Herzen liegt. Jede Berufsgruppe hat ihre Berechtigung und soll in dem jeweiligen Bereich (gesetzliche Grundlage) tätig sein.

 

Wir würden uns daher sehr freuen, wenn eine Kollegin/ein Kollege demnächst bei Ihnen zu Gast sein könnte, die auf Basis ihrer/seiner Qualifikation und Erfahrung Expertise mitbringt: Im Bereich der Klinischen Psychologie wäre dies beispielsweise auch ein Notfallpsychologe/ eine Notfallspsychologin. Zudem bieten wir an, Licht ins Dunkle des „Psychodschungels“ in Österreich zu bringen. Vielleicht mit einer Sondersendung? Außerdem gäbe es die Möglichkeit, Journalistinnen und Journalisten zum Thema zu schulen und sie somit in ihrer Gesundheitskompetenz zu stärken.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen und g´sund bleiben,

das Team der Pioniere der Klinischen Psychologie (PKP)